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    Categories: Numismatik

Seltene und spannende Einblicke in das Grading von Münzen

In Deutschland stecken die professionelle Münzbewertung (“Grading”) sowie die langfristige Aufbewahrung in eingeschweißten Haltern (“Slabs”) noch in den Kinderschuhen, doch von anderen Märkten wie den USA sind die Dienstleistungen von kommerziellen Dienstleistern wie NGC oder PCGS nicht mehr wegzudenken und auch hierzulande gewinnen sie massiv an Bedeutung. Doch normalerweise bekommen Sammler das, was hinter den Kulissen der Grading-Dienste passiert, nicht zu Gesicht.

Zum 30. Geburtstag bietet der US-amerikanische Grading-Anbieter “NGC” (Numismatic Guarantee Corporation) seltene Einblicke in seine Arbeit: In einem neuen YouTube-Video, welches auch in deutscher Sprache produziert wurde, ist der verdunkelte “Grading Room” zu sehen, in dem die Münzen unter Schreibtisch-Lampenlicht genau unter die Lupe genommen werden. Der Raum ist der Arbeitsplatz von 30 professionellen Bewertern, denen zur Vermeidung von Interessenskonflikten der Handel mit Münzen strikt verboten ist. Außerdem zeigt das Video in Nahaufnahme, wie eine Münze in den NGC-Slab eingelegt und luftdicht verschweißt wird. Das zweiminütige Video ist hier abrufbar.

Sehenswert ist daneben auch ein englischsprachiges Video, welches bereits 2015 veröffentlicht wurde und den Grading-Prozess noch ausführlicher darstellt: Die Münzen kommen zuerst im “Receiving department” an. Dort werden sie nacheinander aufgereiht und mit der Kundenrechnung abgeglichen, um auf Nummer Sicher zu gehen, dass sich auch tatsächlich alle Münzen in der Einreichung befinden. Überwachungskameras an der Decke dokumentieren diesen Vorgang lückenlos. Die Münzen werden in die Computer-Datenbank eingetragen und in einen temporären Halter gesteckt, welcher durch einen Strichcode jederzeit nachverfolgbar ist. Zu sehen ist dabei nur die Rechnungsnummer, nicht aber der Name des NGC-Kunden – durch diese Anonymität soll eine objektive Bewertung gewährleistet werden.

Im “Grading Room” beginnt die eigentliche Arbeit. Die Bewerter können auf eine ganze Bibliothek an numismatischer Fachliteratur zurück greifen. Grading ist Teamarbeit: Mehrere Bewerter schauen sich nacheinander die Münzen an und geben ihre Bewertung in den Computer ein. Liegen ihre Einschätzungen zu weit auseinander, entscheidet der “Finalizer”. Dieses Vorgehen wird auch als “consensus grading” bezeichnet. Allerdings gibt es im Kreis der NGC-Bewerter diverse Fachleute mit besonderen Expertisen zu Ländern und Epochen, welche auch kleinste Details erkennen.

Nach dem eigentlichen Grading wird die Münze zum Einkapseln gebracht. Es wird ein Label mit mehreren Sicherheitsmerkmalen für den Halter (“Slab”) gedruckt und eingelegt, die Münze wird in einen passenden Halter gedrückt. Die gekapselten Münzen werden erneut einem Qualitätscheck unterzogen und erst danach zurück zum Kunden oder der Einreichungsstelle geschickt.

Sebastian Wieschowski: